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5. Oktober 2022 | Zum Tod von Barbara Stamm – Ein Nachruf

05.10.2022  | Tags: Pressemitteilungen, Nachruf

Wir trauern um unser langjähriges Mitglied, ehemalige Mitarbeiterin und engagierte Streiterin für Menschen in Bedrängnis.

Barbara Stamm, Ehrenvorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes Würzburg, im Alter von 77 Jahren verstorben.

Wie sehr Barbara Stamm mit Herz, Verstand und Durchhaltevermögen sich gerade für benachteiligte Menschen in unserer Gesellschaft engagiert hat, konnten wir im Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Würzburg oftmals hautnah erleben. Zu Beginn der 1970er Jahre arbeitete sie als Erzieherin im SkF Würzburg, seit den 1980er Jahren unterstützte sie unseren Sozialverband als Mitglied. 
Sie öffnete uns immer wieder Türen, um unsere Arbeit voranzubringen und war uns als Zellerauerin Nachbarin und Freundin verbunden.

Barbara Stamm und SkF-Vorsitzende Dr. Anke Klaus<br>
Barbara Stamm und SkF-Vorsitzende Dr. Anke Klaus

Wir werden uns gerne und dankbar an Barbara Stamm erinnern. 

Dr. Anke Klaus, Vorsitzende und Wolfgang Meixner, Geschäftsführer    
Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Würzburg

Ein Nachruf von Sebastian Schoknecht

Nach schwerer Krankheit ist Barbara Stamm am Mittwochmorgen in ihrer Heimatstadt Würzburg verstorben. Clemens Bieber, Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes: „Die Caritasfamilie trauert mit ihrem Mann Ludwig Stamm, ihren drei erwachsenen Kindern und deren Familien.“

Barbara Stamm fühlte sich „meiner Caritas“, wie sie den unterfränkischen Wohlfahrtsverband gerne bezeichnete, bis zum Schluss aufs Engste verbunden. 15 Jahre lang engagierte sie sich als Zweite Vorsitzende und seit fast sieben Jahre als Ehrenvorsitzende segensreich für die Anliegen der unterfränkischen Caritas.

Am 29. Oktober 1944 in Bad Mergentheim in eine schwierige Zeit und eine persönlich nicht einfache Situation hineingeboren, ging sie als junge Frau konsequent ihren Weg und hat sich mit großen persönlichen Opfern die Ausbildung als Erzieherin bei den Kreuzschwestern in Gemünden erarbeitet. Danach engagierte sich Barbara Stamm beruflich mit hohem Einsatz in der kirchlichen Jugendarbeit und weiteren Jugendhilfeeinrichtungen. Von daher blieb für sie in ihrer politischen Arbeit die Kinder- und Jugendhilfe, der Einsatz für Familien, Alleinerziehende, Flüchtlinge und Menschen in Krankheit und Alter auf der Tagesordnung – bis zum Schluss. „Sie galt stets als das soziale Gewissen nicht nur ihrer Partei, sondern Bayerns“, so Bieber und habe die Konfrontation nicht gescheut, wo es um mehr Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich gegangen sei. Besonderes Augenmerk legte Stamm auf das Ehrenamt. Sie bekleidete bis ans Lebensende selbst eine Fülle verantwortlicher Positionen ehrenamtlich, etwa in der Lebenshilfe Bayern, im Familienbund der Katholiken, im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken sowie in der Caritas.

Auf Anraten ihrer Religionslehrerin absolvierte Stamm in Gemünden eine Ausbildung zur Erzieherin. Am Beginn der 1970er Jahre arbeitete sie als Erziehungsleiterin im gerade eröffneten Caritas-Kinder- und Jugenddorf St. Anton in Riedenberg. Von 1974 bis 1989 leitete die gelernte Erzieherin das Schifferkinderheim in Würzburg, ebenfalls eine Mitgliedseinrichtung der Caritas. Die folgenden Jahre waren durch die parlamentarische Arbeit geprägt. 42 Jahre lang (1976 – 2018) gehörte Barbara Stamm dem Bayerischen Landtag in vielfältigen Funktionen an. Danach blieb sie bis vor zwei Wochen unermüdlich im ganzen Land unterwegs, um Menschen in ihrem sozialen Einsatz zu bestärken und zu unterstützen.

„Wir haben ihr als Caritas unvorstellbar viel zu verdanken“, sagte Domkapitular Clemens Bieber angesichts des traurigen Anlasses. Barbara Stamm habe sich über Jahrzehnte hinweg für die Belange sozial benachteiligter Menschen in Politik und Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft eingesetzt als Sozial- und Gesundheitsministerin (1994 - 2001), als Vizepräsidentin (2003 – 2008) und als Präsidentin des Bayerischen Landtags (2008 – 2018), in zahlreichen Gesellschaften, Ausschüssen, Verbänden und Vereinen. Nach ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik hat sie ihr großes Netzwerk und ihre Beliebtheit im Freistaat genutzt, um Menschen auch weiterhin in schwierigen Lebenslagen und -phasen professionelle Hilfe zukommen zu lassen.

Für die Caritas in Unterfranken bleibt, um nur ein Beispiel zu nennen, die gesetzliche Regelung für Landkindergärten, deren positive Auswirkungen bis heute im ländlichen Raum spürbar sind, ein großer Erfolg. „Dass wir heute noch so viele kleine Einrichtungen in den Dörfern haben können, die das Leben dort mitprägen, ist Verdienst von Barbara Stamm“, so Domkapitular Clemens Bieber anerkennend.

Auch das Sanierungsvorhaben des Freistaates für das Kurhauses Hotel Bad Bocklet (2016 – 2021), eine Einrichtung in Trägerschaft der Caritas Einrichtungen gGmbH, wurde maßgeblich durch Barbara Stamm angestoßen und begleitet. Es sei außerdem Stamms Idee gewesen, dort das Erholungs- und Vorsorgeprogramm „plento“ für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege zu etablieren, so der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes.

„Dass wir in Unterfranken bei den Maltesern seit 2018 ein Kinderpalliativ-Team haben, verdanken wir ebenfalls dem vehementen Einsatz von Barbara Stamm“, unterstreicht Bieber.

„Es waren die Prägung der eigenen Kindheit und die Erfahrungen einer ambitionierten Erzieherin, die Barbara Stamm zur empathischen Sozialpolitikern werden ließen“, so Bieber. Stamm habe die wichtigen Anliegen der Caritas, von denen sie selbst zutiefst überzeugt gewesen sei, politisch flankiert und gefördert.

Vielfältig wie ihr Engagement sind auch die Auszeichnungen, die ihr zuteilwurden: Bundesverdienstkreuz am Bande (1990), Medaille für besondere Verdienste um Bayern (2004), Bayerischer Verdienstorden (2015), Ehrenbürgerin der Stadt Würzburg (2019), um nur einige wenige zu nennen. Im November 2019 überreichte Bischof Franz Jung zudem den päpstlichen Gregoriusorden an Barbara Stamm.

Stamm wurde 1997 die Ehrendoktorwürde der Medizinische und Pharmazeutische Universität Victor Babe? in Timi?oara (Rumänien) verliehen. In Rumänien kämpfte sie seit 1990 im Auftrag des Bayerischen Landtags für benachteiligte Mädchen und Buben in Waisenhäusern und auf der Straße und erhielt für ihren unermüdlichen humanitären Einsatz zahlreiche Ehrungen aus dem Balkanstaat.

„Das Nachlassen ihrer Kräfte wurde in den vergangenen Wochen deutlich sichtbar“, so Bieber „Sie hat sich über Jahre hinweg verausgabt und nicht geschont.“. Der Ruhestand sei ihr immer fremd geblieben. „Ich bin sehr betroffen, weil mich mit Barbara Stamm auch ein sehr freundschaftliches Verhältnis verbunden hat. Als gläubige Katholikin hat sie darauf vertraut, dass Sterben und Tod nicht das letzte Wort haben werden. Möge sie nun bei Gott eine neue Heimat finden.“

Sebastian Schoknecht | Caritas

Foto © Bayerischer Landtag